15. Mai 2024
Auch kleine Gewässer brauchen Raum
Auch kleine Gewässer brauchen Raum
Die Gewässer in der Freienbach im Kanton Schwyz haben zu wenig Platz. Das beeinträchtigt die Artenvielfalt, die Wasserqualität und den Hochwasserschutz entlang des Zürichsees und der vielen kleinen Fliessgewässer. Trotzdem will die Gemeinde ihren Gewässern nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Raum zugestehen. Davor warnen Aqua Viva, Pro Natura und WWF und haben beim kantonalen Verwaltungsgericht Beschwerde eingereicht.
«Gewässerräume sind sehr wichtig, nur so lässt sich der Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen erhalten oder wiederherstellen.»
Esther Leitgeb, Bereichsleiterin Gewässerschutz Aqua Viva
Lebendige Gewässer brauchen genügend Raum, sonst können sie ihre natürlichen Funktionen nicht erfüllen. Gesteht man ihnen diesen Raum nicht zu, kommt es zu Schäden durch Hochwasser oder die Wasserqualität verschlechtert sich massiv, weil Gewässer durch Düngemittel und Pestizide aus der Landwirtschaft belastet werden. Deshalb hat der Gesetzgeber die Gemeinden dazu verpflichtet, Gewässerräume auszuscheiden.
Im Februar 2023 hat der Gemeinderat Freienbach eine Änderung des Zonenplans vorgelegt. Darin verzichtet er auf die gesetzlich vorgeschriebene Gewässerraumausscheidung entlang kleinerer Gewässer und Teilen des Zürichsees. Die Umweltschutzorganisationen haben daher im März 2023 Beschwerde beim Regierungsrat erhoben. Dieser hat in seinem Entscheid vom 16. April 2024 zwar klargestellt, dass auch am Zürichsee Gewässerräume ausgeschieden werden müssen, bestätigte aber den Verzicht bei kleineren Gewässern. Aqua Viva, Pro Natura und WWF reichen daher beim kantonalen Verwaltungsgericht Beschwerde ein.
Gemeinde und Regierungsrat berufen sich auf ein Merkblatt des Kantons Schwyz, wonach bei Gewässern mit einer natürlichen Sohlenbreite von weniger als 1,5 Metern kein Gewässerraum ausgeschieden werden müsse. Diese Regelung betrifft schätzungsweise knapp die Hälfte der Gewässer im Kanton Schwyz. Für sie müsste folglich nur dann ein Gewässerraum ausgeschieden werden, wenn sie in einem Schutzgebiet liegen. Die Festlegung auf 1,5 Meter ist jedoch willkürlich und widerspricht den gesetzlichen Vorgaben. Zwar sieht die Gewässerschutzverordnung Ausnahmen für «sehr kleine» Gewässer vor, die Grenze ist jedoch deutlich unterhalb von 1,5 Metern zu ziehen. In anderen Kantonen wird nur dann auf Gewässerräume verzichtet, wenn die natürliche Sohlenbreite weniger als 25 oder 50 Zentimeter beträgt.
Gewässerräume sind definierte Bereiche entlang von Flüssen, Bächen und Seen, die dem Schutz und der Erhaltung der natürlichen Funktionen der Gewässer dienen. Sie umfassen das Gewässer selbst, die angrenzenden Uferbereiche und die darauf wachsende Vegetation. Als Übergangszone zwischen Wasser und Land bilden sie wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Revitalisierungs- und Hochwasserschutzmassnahmen können hier umgesetzt werden. Zudem schaffen Gewässerräume eine Pufferzone zu angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen und verhindern so, dass Pestizide und Düngemittel ungefiltert in unsere Gewässer gelangen. Dies ist insbesondere für kleinere Gewässer wichtig, da Schadstoffe aufgrund der geringeren Wassermengen weniger stark verdünnt werden.
Wie stark diese natürlichen Funktionen kleinerer Fliessgewässer heute beeinträchtigt sind, zeigt eine aktuelle Studie der Eawag, VSA und Universität Zürich. Verbauungen und Pestizideinträge aus landwirtschaftlichen Flächen sorgen demnach dafür, dass viele Bäche ihre Funktion als Lebensraum nur noch eingeschränkt erfüllen. In über 70 Prozent der untersuchten Gewässer fehlen Insektenlarven und andere Kleinlebewesen, die empfindlich auf Pestizide reagieren.
Um die natürlichen Funktionen der Gewässer zu schützen und wiederherzustellen, fordern Aqua Viva, Pro Natura und WWF die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in der Gemeinde Freienbach und die Anpassung des Merkblatts durch den Kanton Schwyz.
Ihr Kontakt
Esther Leitgeb
Bereichsleiterin Gewässerschutz,
Geschäftsführerin ARGE Hochrhein