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Artikel aus aqua viva 3/2024
Kraftwerk Emmenweid: Fischgängig dank Einsprache und Verhandlung
Kraftwerk Emmenweid: Fischgängig dank Einsprache und Verhandlung
Fische wandern zur Nahrungssuche und Fortpflanzung oft viele Kilometer und sind deshalb auf vernetzte, durchgängige Gewässer angewiesen. Das Gewässerschutzgesetz macht hierzu klare Vorgaben, zu deren Umsetzung es jedoch häufig intensiver Verhandlungsprozesse bedarf. Ohne das Verbandsbeschwerderecht würde hierbei das Gleichgewicht zwischen Nutzen und Schutz fehlen. Dies zeigt die Sanierung des Wasserkraftwerks Emmenweid.
Von Esther Leitgeb
Die Kleine Emme ist ein Gewässer im Kanton Luzern, welches durch das Entlebuch fliesst und am Reusszopf in die Reuss mündet. Einst war hier wahrscheinlich sogar der Lachs heimisch. Aktuell schwim-men in der Kleinen Emme noch Bachforellen, Barben und vereinzelt Äschen. Durch die Nähe zum Vierwaldstättersee kommen auch grosse Seeforellen vor.
Seit über 60 Jahren befindet sich hier auch das Wasserkraftwerk Emmenweid. Die Anlage ist in die Jahre gekommen und verhindert, dass Fische in den Oberlauf des Flusses aufsteigen. Durch das Hochwasser von 2005 wurden zudem Teile der Wehranlage beschädigt. Im Rahmen der Neukonzessionierung des Kraftwerks hat der Kanton Luzern daher die Modernisierung der Anlage angeordnet. Gleichzeitig sollten auch die gesetzlichen Sanierungspflichten in puncto Fischgängigkeit und Restwasser umgesetzt werden. Zur Erinnerung: Seit 2011 müssen Wasserkraftwerke im Rahmen des Gewässerschutzgesetzes ökologisch saniert werden. Dazu gehört sowohl die Wiederherstellung der freien Fischgängigkeit als auch die Sicherstellung ausreichender Restwassermengen im Falle von Ausleitkraftwerken.
Schlechte Aussichten für Äschen, Barben und Seeforellen
Nachdem die Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW) 2013 ein in Bezug auf die Sanierung des Restwassers und der Fischgängigkeit mangelhaftes Projekt einreichten, welches sie aber nicht weiter-verfolgten, legten sie das Projekt 2017 neu auf. Da die bereits 2013 bestehenden Mängel nicht oder nicht ausreichend behoben wurden, erhoben WWF und Aqua Viva Einsprache. Neben der weiterhin mangelhaft geplanten Fischwanderhilfen beleuchteten die Umweltschutzorganisationen vor allem die für das Ge-wässer zu knapp bemessene und nicht gesetzeskonform festgelegte Restwassermenge (GschG Art. 31 Abs. 1ff). Grosser Diskussionspunkt war zudem die Festsetzung der Zielarten im Gewässer, welche die Beckengrösse der Fischtreppe, die Wassertiefe in der Restwasserstrecke sowie den Stababstand des Schutzrechens vor der Turbine bestimmen. Kurzum: Für grössere Fische wie die Barbe, Äsche oder Seeforelle hätte das Projekt die Wiedervernetzung der Kleinen Emme verhindert.
Austausch auf Augenhöhe führte zum Erfolg
Trotz dieser gravierenden und mit dem Gesetz nicht vereinbaren Mängel konnte im Rahmen der Einspracheverhandlungen keine Einigung erzielt werden und das Kantonsgericht genehmigte schliesslich das Projekt. In der Folge verzichteten die CKW jedoch auf die Umsetzung und reichten stattdessen das Projektgesuch in überarbeiteter Form erneut ein. Die bestehende Wehranlage sollte jetzt nicht nur saniert, sondern vollständig ersetzt werden. Für die Fische waren dies glückliche Umstände, da die Verhandlungen wieder aufgenommen wurden.
Im Mai 2020 schaltete sich das Bundesamt für Umwelt (BAFU) ein und stimmte den Umweltschutzorganisationen in puncto Fischgängigkeit grossmehrheitlich zu. Auf Wunsch des BAFU wurde eine Fachgruppe Fischgängigkeit ins Leben gerufen. In den darauffolgenden zwei Jahren haben sich Kanton, Planer:innen, BAFU, Verantwortliche der CKW und die Umweltschutzorganisationen mehrmals getroffen. Der konstruktive Prozess fand auf Augenhöhe statt und gemeinsam wurde ein Projekt erarbeitet, das sich sehen lassen kann. Die Fischgängigkeit konnte massiv verbessert und die Wassermenge in der Restwasserstrecke aus-reichend dimensioniert werden. Zudem wurde eine Niedrigwasserrinne vorgesehen, welche die Wanderung auch grösserer Fische zulässt. Fischauf- und -abstieg sind so heute auch für Äschen, Barben und Seeforellen möglich und vielleicht schwimmt bald auch der erste Lachs wieder in der Kleinen Emme. Abgeschlossen wurde der Prozess mit einer gemeinsam unterzeichneten Vereinbarung.
Ausgewogenes Projekt
Dank des Verbandsbeschwerderechts konnte das Projekt gegenüber der Version von 2013 für Fische und andere Gewässerlebewesen massiv verbessert werden. Die Mängel bezüglich Restwasser und Sanierung Fischgängigkeit, welche die Umweltschutzorganisationen schon 2013 einbrachten, konnten behoben, das Projekt ausgewogen und gesetzeskonform verabschiedet werden.
Autorin
Esther Leitgeb
ist Bereichsleiterin Gewässerschutz bei Aqua Viva. Sie hat Gewässer-management an den Universitäten Duisburg-Essen (D) und Radboud (NL) studiert. Vor ihrer Zeit bei Aqua Viva arbeitete sie an der Eawag und beim Kanton Luzern.
Kontakt
Esther Leitgeb
Bereichsleiterin Gewässerschutz bei Aqua Viva
Neuwiesenstrasse 95, 8400 Winterthur
esthet.leitgeb@aquaviva.ch, 052 625 26 67