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Frei fliessende Sense bei Fribourg.

Bild: © Mario - stock.adobe.com

Gewässer brauchen Raum

Mit dem neuen Gewässerschutzgesetz erhalten die Schweizer Flüsse und Bäche endlich mehr von ihrem ursprünglichen Platz zurück. Die Wissenschaft ist sich dabei einig: Ausreichende Gewässerräume bieten Mensch und Natur gleich eine ganze Reihe von Vorteilen. Doch das neue Gesetz wird vielerorts nicht zu Gunsten der Ökologie umgesetzt – Aqua Viva schaut deshalb genau hin.

Neues Gesetz schafft Verbesserung für Bäche und Flüsse
2011 trat das revidierte Gewässerschutzgesetz in Kraft. Es legte fest, dass bis 2018 an allen Gewässern beidseitig ein Gewässerraum festgelegt werden muss. Mit dem Gewässerraum meint man einen Streifen links und rechts des Gewässers, der zum Gewässer dazu gezählt wird. In diesem kann die Ufervegetation wieder aufblühen und es kann eine Revitalisierung und gegebenenfalls auch eine Aufweitung des Gewässers stattfinden. Für die zahlreichen begradigten Gewässer der Schweiz ist dies eine grosse Verbesserung: Einem Bach mit einer natürlichen Breite von sechs Metern müssten nämlich in Zukunft 22 Meter Gewässerraum gegeben werden. Diese Fläche dürfte dann auch nur noch extensiv bewirtschaftet werden und nicht verbaut werden.

Die Weissemme: Eingezwängt und ohne Ufervegetation

Die Önz: Entwickelt sich natürlich in ihrem Gewässerraum

 

Viele Vorteile für Mensch und Natur
Der Gewässerraum ist die Verbindung vom Wasser zum Land und ein wichtiges Habitat für Tier- und Pflanzenarten - man spricht auch vom "Grünen Band". Ein ausreichend gross bemessener Gewässerraum ist zudem zentral für die naturnahe Revitalisierung des betroffenen Gewässers, für neue Hochwasserschutzmassnahmen, für einen besseren Gewässerschutz und letztlich für eine erhöhte Biodiversität durch die Schaffung von Lebensräumen und den geringeren Eintrag von Pestiziden und Dünger. Zuletzt erfreuen sich auch Erholungssuchende an den vielfältigen neuen Lebensräumen.

Bild 2: Der Eisvogel, ein charakteristischer Bewohner des Gewässerraums

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Fliessrecht für die Önz

Im Gespräch mit Aqua Viva zeigt Christoph Matti vom Kanton Bern, wie sich Interessenskonflikte bei der Gewässerraumausscheidung lösen lassen.


Gewässerräume - zentral für Mensch und Natur
Damit ein Gewässer überhaupt seine natürlichen Funktionen wahrnehmen kann, müssen Land und Gewässer vernetzt sein.

Vollzugsdefizit Gewässerraumausscheidung

Das Gewässerschutzgesetz verpflichtete die Gemeinden bis 2018 ausreichend gross bemessene Gewässerräume festzulegen. Nach einer 2020 veröffentlichten Untersuchung haben bis Ende 2018 allerdings erst 15 beziehungsweise 13 Prozent (innerhalb beziehungsweise ausserhalb der Bauzone) der Gemeinden ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt. Doch statt auf eine rasche Umsetzung zu drängen und den Gewässern wieder mehr Raum zu geben, sollen mit der Motion Hösli/Stark nun weitere Ausnahmeregelungen für die Gewässerraumausscheidung ermöglicht werden.

Illustration 1: Umsetzung der Gewässerraumausscheidung in den Gemeinden 

Gesetzlicher Auftrag

Regelungsbereich

Für Stillgewässer ist grundsätzlich ein Gewässerraum von 15 Metern gemessen ab der Uferlinie festzulegen. Die Bemessung des Gewässerraums für Fliessgewässer erfolgt in Abhängigkeit der ökologischen Qualität des Gewässerabschnitts (Schutzkategorie) sowie der Gerinnesohlenbreite. Es besteht zudem die Pflicht zur Freihaltung des Gewässerraums mit Ausnahme von Anlagen im öffentlichen Interesse (bspw. Fuss- und Radwege, Brücken) sowie ein Verbot der Verwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln innerhalb des Gewässerraums. Solange noch kein Gewässerraum ausgeschieden wurde, gelten im Interesse der Freihaltung Übergangsbestimmungen.

Umfang

Sämtliche Still- und Fliessgewässer mit wenigen Ausnahmen (bspw. eingedolte oder künstlich angelegte Gewässer)

Zuständigkeit

Die Festlegung des Gewässerraums ist Aufgabe der Kantone. Diese haben ausserdem dafür zu sorgen, dass der Gewässerraum bei der Richt- und Nutzungsplanung berücksichtigt und die Vorgaben zu dessen Gestaltung und Bewirtschaftung eingehalten werden.

Fristen

Die Kantone mussten die Gewässerräume bis zum 31. Dezember 2018 festlegen.

Gesetzesgrundlagen

Art. 36a GSchG; Art. 41 a-c, Art. 62 Übergangsbestimmung GSchV

Planungshilfen des Bundes

BPUK, LDK, BAFU, ARE, BLW (Hrsg.) 2019: Gewässerraum. Modulare Arbeitshilfe zur Festlegung und Nutzung des Gewässerraums in der Schweiz.

Aqua Viva im Einsatz für die Gewässerräume

Bis 2018 hätte der Gewässerraum zumindest behördenverbindlich festgelegt werden sollen. In vielen Gemeinden ist noch nichts passiert und wenn doch, fällt die Interessensabwägung selten Zugunsten der Ökologie aus. Aqua Viva stellt sich gegen diese kurzsichtige Herangehensweise und hat in zahlreichen Fällen Einsprache erhoben

News

Schwyz: Auch kleine Bäche brauchen Raum

Die Gemeinde Feusisberg wollte bei kleinen Bächen auf die Festlegung eines Gewässerraums verzichten. Nun weist das Verwaltungsgericht die Gewässerraumfestlegung als ungenügend zurück.

Der Druck auf unsere Gewässer steigt

Gewässer sind die Lebensadern unserer Landschaft und prägen das Heimatgefühl vieler Menschen. Klimawandel, Pestizide, Nährstoffüberschüsse, Energienutzung und Verbauungen setzen unsere Gewässer jedoch stark unter Druck.

Gewässerräume: Grosser Schaden abgewendet

Mit der Motion Hösli / Stark (SVP) wären in gewissen Kantonen bis zu 75% der Gewässerräume zu Gunsten der Landwirtschaft verloren gegangen. Der Nationalrat lehnte die Motion dank intensiver Überzeugungsarbeit mit 100 zu 84 Stimmen ab.

Unser Einsatz vor Ort

Kontakt

Esther Leitgeb

Esther Leitgeb

Bereichsleiterin Gewässerschutz,
Geschäftsführerin ARGE Hochrhein

+41 52 625 26 67